Museumskonzept des DVV
Museumskonzept
für das Handwerker- und Heimatmuseum Vernich
Das Handwerker- und Heimatmuseum befindet sich in dem alten Schulgebäude in Groß-Vernich im Schatten der Heilig Kreuz Kirche. Das Museum öffnet seine Türen jeden 1. Samstag im Monat von 15 bis 17 Uhr. An Feiertagen, so wie im Dezember und Januar bleibt das Museum geschlossen. Außerhalb der Öffnungszeiten finden Führungen für die umliegenden Kindergärten, Schulen und Altenheime oder Touristen-gruppen statt. Gegründet und aufgebaut wurde das Museum von den Gründungsmitgliedern des Dorfverschönerungsverein Vernich e.V.
Zu Beginn wurde das Museum mit viel Liebe zum Detail eingerichtet und Räume realitätsgetreu gestaltet, um die Geschichte der Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und für nächste Generationen Geschichte lebendig zu vermitteln.
Im Laufe der Jahre hatte das Museum, wie viele andere Dorfmuseen, mit den üblichen Problemen zu kämpfen. Durch zahlreiche Haushaltsauflösungen im Dorf sind die Räume bis unter die Giebel mit staubigen Geräten vollgestellt, zwar zeitlich meist eingeordnet, aber in keinen erkennbaren historischen Rahmen eingebettet. Es fanden sich alte Kaffeemühlen neben dutzenden alten Kaffeemühlen, Singer Nähmaschinen neben Garn und Spule, Waschbrett neben Waschmaschine. Und das war er dann auch schon, der viel zitierte „rote Faden“. Nur selten wurden die Objekte genutzt, um erlebte Geschichte zu vermitteln. Die vollgestellten Räume ließen keinen Platz für didaktische Konzepte und der Außenbereich verrottete unter den vielen Geräten aus der Landwirtschaft.
Zwar gab es immer wieder Anläufe durch sporadische Aktion wie die Herstellung von Sauerkraut oder Waschtage „Anno Dazumal“, aber dabei blieb es auch schon.
Nun sind Heimatmuseen auf „Dokumentation von lokalen, regionalen oder sozialen Herkunftswelten ausgerichtet– mit dem Effekt, dass überall die gleichen Öfen, Einmachgeräte, die gleichen Tabakspfeifen und Kriegs-Abzeichen exponiert sind. Rund die Hälfte aller deutschen Museen sind mittlerweile heimatkundliche Museen. Und da sind spezielle Kulturmuseen, Geschichtsmuseen und ähnliche noch nicht einmal
eingerechnet. Wozu also schon wieder ein Dorfmuseum? Diese Frage mussten auch wir uns gefallen lassen. Besonders, da das Interesse innerhalb des Dorfes am Museum nicht besonders groß erscheint.
1. Das Konzept: Fokussierung statt Reizüberflutung
Bei der Erarbeitung eines Konzepts für das zukünftige Dorfmuseum in Vernich war uns deshalb Folgendes wichtig: Wenige, sorgfältig ausgewählte Ausstellungsobjekte sollten exponiert statt deponiert werden. Über Sehen, Hören und Berühren sollen sie beim Besucher ein Gefühl für die vergangene Zeit und das Leben der Menschen im Ort wecken. Die Objekte sollen, sofern möglich, immer die zentrale Rolle in der Ausstellung spielen. Alle anderen unterstützenden Mittel wie Texte und Fotos sollen lediglich Begleiter bleiben. Schließlich ist in unseren Augen genau dies der Vorteil des Mediums Museum, dass es nämlich aus dem Schatten des rein über Schrift vermittelnden Buches heraustritt und eine vergangene Welt in sinnlich erfahrbare Nähe bringt, quasi Geschichte vergegenwärtigt. Wir wollen eher zeigen als erzählen oder erklären, denn „jemandem etwas zeigen bedeutet schließlich, ihn erkenntnismäßig an etwas teilhaben zu lassen und ihn somit zu eigenen Gedanken anzuregen“[1],
Das Museum lädt die Besucher ein, sich selbst aktiv anhand von Texten und Fotos und Lebensräumen ein Bild vergangener Lebensverhältnisse zu entwerfen. Doch durch die überfüllten Räume bleibt dem Besucher kaum etwas im Gedächtnis hängen, sobald er das Museum verlässt. Dies soll zukunftsnah geändert werden.
Ein neuer Ansatz wäre zusätzlich durch die Verknüpfung von Geschichte und Gegenwart das Dorfmuseum so zum institutionellen Bindeglied mit Identität stiftender Funktion werden zu lassen, dass diese Wirkung gleichsam an einem bestimmten Ort real erfahrbar macht. Der Besucher soll sich in Bezug auf die Vergangenheit positionieren können und damit idealer Weise auch eine Möglichkeit bekommen, sich in der Gegenwart zu verorten. Besonders im Hinblick auf aktuelle politische Strömungen. Oft ist die jüngere Vergangenheit für die Besucher ja sogar persönlich
erinnerbar und ermöglicht damit einen ganz individuellen Zugang zum ausgestellten Gegenstand und der damit verbundenen Geschichte. Der langjährige alte Dorfmittelpunkt von Schule und Kirche sollte als solcher revitalisiert werden. Gleichzeitig wollten wir das dortige Landleben jedoch nicht idyllisieren, und das Regionale nur dort betonen, wo es tatsächlich eine Besonderheit darstellte, beispielsweise im Bereich der römischen Ausgrabungen in Klein Vernich.
2. Zur Konzeption der Ausstellung – Idee, Themenbereiche,
Präsentation
„Das Museum ist per definitionem der Ort, wo Dinge, bedeutungsvolle Dinge, aufbewahrt werden.“[2]
In unserer endgültigen Konzeption für das Handwerker- und Heimatmuseum Groß-Vernich wollten wir uns jedem ausgestellten Gegenstand aus verschiedenen Richtungen nähern: Zuerst mit dem Schwerpunkt auf der persönlichen Geschichte eines Menschen, dann mit Blick auf die Rolle des Objekts im landwirtschaftlichen Leben und seine sozialhistorische Bedeutung.
Dabei sahen wir uns mit einigen Vorgaben konfrontiert, die nicht ganz einfach in ein auch wissenschaftlich vertretbares Vorgehen einzubinden waren: Die Sammlung, die Gründungsmitglieder angelegt hatte, bestand aus Objekten, deren individuelle Geschichte sich nicht in jedem Fall nachzeichnen ließ, da sie weder datiert waren noch in einer Beziehung zueinander standen – außer eben insofern, als sie alle von den Herren als bewahrungswürdig in seine Sammlung aufgenommen waren. Trotz der Heterogenität der Sammlung ließen sich aber schnell die Themenbereiche abgrenzen, die das vorhandene „Arbeitsmaterial“ hergab: Ein großer Teil der Objekte stammte aus dem Bereich „Bäuerlicher Haushalt und Landwirtschaft“, eine weitere, beträchtlich kleinere Objektgruppe ließ sich dem Thema „Leben im 2. Weltkrieg“ zuordnen und ein letzter Bereich gehörte zum Thema „Dorfvereine“. Wir entschieden uns anhand der Sachlage, die beiden ersten Bereiche zum Mittelpunkt der Ausstellung zu machen, da sie den besten Objektbestand boten.
3.Zukünftige Umsetzung des Konzeptes
Allerdings besteht weiterhin das Problem, dass die meisten unsere Objekte sozusagen anonym im Museum stehen, da wir sie weder genau datieren noch ihren Lebenslauf zurückverfolgen können. Es gilt, aus Gegenständen, die auf einem Dachboden oder in Kisten im Keller liegen, Dinge mit Ausstellungswert zu machen, ihnen also Anschaulichkeit und Aussagekraft gewissermaßen auf den Leib zu schreiben. Anders gesagt: Die Dinge mussten kontextualisiert und in Hinblick auf die Lebenswelt, der sie entstammen, interpretiert werden.[3] Dies ist uns nur möglich, indem sie mit der individuellen Lebensgeschichte eines Menschen verknüpft werden.
Durch eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Geschichts- und Heimatverein der Gemeinde Weilerswist e.V. durch Herrn Theissen und die unschätzbare Hilfe durch den Gründer und Zeitzeugen Herrn Aussem, werden die Räume von überflüssigen Exponaten befreit, geschichtlich benannt und zugeordnet und mit den individuellen Lebensgeschichten verknüpft. Zukünftig streben wir Interwies mit Zeitzeugen an, damit die Lebensgeschichte der Bürgerinnen und Bürger von Vernich den Exponaten zugeordnet werden können. Die einzelnen Stücke haben also Stellvertreter-Charakter. Trotzdem können sie in ihrer „Erinnerungs-Veranlassungsleistung“[4] zur Geltung kommen. Durchaus denkbar wäre Interwies mit Zeitzeugen zu den einzelnen Gegenständen abzuspielen und somit die Funktion des Gegenstandes lebendig werden zu lassen.
Der Besucher kann sich frei durch die Räume bewegen, denn ein „Pfad“ durch das Museum ist nicht vorgeschrieben. Zwar sind die Objekte bestimmten Themenbereichen wie „Arbeitswelten“ oder „Haushalt“ zugeordnet und auch gekennzeichnet. Aber wie der Besucher die Ausstellung dann tatsächlich entdeckt, ist ihm selbst überlassen. Schließlich steht jedes Exponat für sich und erzählt quasi eine in sich
geschlossene Geschichte; kein Gegenstand baut auf einem anderen auf. Im Prinzip können weniger „ausdauernde“ Besucher mal hier, sich wie ein Puzzle ihre ganz eigenen Erkenntnisse zusammensetzen. Das Wichtigste aber ist: Der Besucher wird überhaupt erst aktiviert und beschäftigt sich somit intensiver mit dem Gegenstand und seiner Geschichte, als es durch einen Text an der Wand möglich wäre.
4. Fazit
Die Art der Präsentation erlaubt bei Bedarf das relativ unkomplizierte Umbauen der Ausstellung. Wenn sich also die Sammlung erweitert und sich daraus neue Themenbereiche ergeben, besteht die Möglichkeit, zusätzliche Sonderausstellungen beziehungsweise eine Dauerausstellung einzurichten. Das Konzept, einen Gegenstand in den Mittelpunkt zu stellen und ihn mit einer persönlichen Erinnerung sowie informativen Texten zu umgeben, ist schließlich beliebig fortsetzbar. Wichtig dafür ist das sachgerechte Sammeln neuer Gegenstände sowie das Finden von Geschichten und Anekdoten. Vermieden werden sollte dabei unbedingt ein „Nur-Hinstellen“ oder Anhäufen. Es ist schließlich die Konzentration auf einige wenige Gegenstände, das auf den ersten Blick Minimalistische, dass die Faszination dieser Ausstellung ausmacht. Denn bei genauerem Hinsehen eröffnen sich weitere Ebenen – und zwar exakt so viele, wie der Besucher es wünscht.
Dorfverschönerungsverein Vernich e. V.
Zusammenstellung & Erarbeitung
Tessa Mars (Geschäftsführerin)
[1] Der Artikel heißt: Zbynek Z. Stránsky: „Die Prinzipien der musealen Ausstellung“. In: Neue Museumskunde, Nr. 24 (1981).
[2] Mathilde Jamin; Frank Kerner: Zur Konzeption der Ausstellung. In: Mathilde Jamin und Frank Kerner (Hg.): Die Gegenwart der Dinge. 100 Jahre Ruhrlandmuseum. Essen, Bottrop 2004, S. 28.
[3] Vgl. Klaus Weschenfelder: Prinzip Zufall? – Über das Sammeln in kleinen Museen. In: Museumsmagazin. Museumsarbeit. Zwischen Bewahrungspflicht und Publikumsanspruch. 1992, H. 5, S. 37.
[4] Gottfried Korff: „Zur Eigenart der Museumsdinge“ (1992). In: Eberspächer, Martina/Gudrun Marlene König/Bernhard Tschofen (Hgg.): Gottfried Korff: Museumsdinge. Deponieren – Exponieren. Köln 2002, S. 143.
Das Außengelände des Handwerker- und Heimatmuseums
in Vernich wird saniert
Ziemlich verwahrlost kommt der Bereich um die alte Schule in Vernich derzeit daher.
Der Dorfverschönerungsverein Vernich e.V. geht nun die Sanierung, unter Einbeziehung des vorgestellten
Museumskonzeptes, an.
Das Außengelände des Museums ist leider gewaltig in die Jahre gekommen und sieht aktuell alles andere als einladend aus.
Der DVV- Vernich will Abhilfe schaffen und hat die überfällige Sanierung des Geländes bereits auf Gleis gesetzt Auch die
Finanzierung ist gesichert. Für die Umsetzung kleinere nicht inbegriffene Arbeiten baut der Verein auf die tatkräftige Hilfe seiner Mitglieder und auch Spenden sind bei einem Projekt dieser Größenordnung herzlich Willkommen.
„Unser Verein fühlt sich gemäß seinen Leitlinien für den Außenbereich verantwortlich“, erklärt
DVV-Vorsitzende Susann Pottgiesser. „Der Vorstand hat daher beschlossen, in Abstimmung mit der Gemeinde die Sanierung unter pädagogischen Gesichtspunkten des neuen Konzeptes anzugehen. Wir haben das Glück einen
ortsansässigen Landschaftsbauer gefunden zu haben, der die Bedürfnisse
unseres Vereines an den Außenbereich direkt verstanden hatte.“
Ebenfalls begonnen haben erste Aufräumarbeiten.
„Ziel ist, dass der beauftragte Gartenbaubetrieb das Projekt im Laufe dieses Jahres abschließen kann.“
Vielen Vernichern und Weilerswistern ist das Handwerker- und Heimatmuseum geläufig, so manchem freilich nicht, da der Außenbereich seit vielen Jahren nicht mehr Nutzbar war.
Viele Exponate sind durch Witterung und Zeit leider so marode geworden, dass sie entsorgt werden mussten,
da sie sonst eine Gefahrenquelle für Besucher darstellen.
Wir konnten jedoch auch einige Ausstellungsstücke retten, die wir nun unter museumspädagogischen Ansätzen präsentieren können.
Durch die Sanierung wird der Außenbereich wieder begehbar und Geschichte erlebbar.
Er kann darüber hinaus als Treffpunkt dienen und wird zukünftig auch für ältere Menschen begehbar sein.